Besserer Schutz von Geschäftsgeheimnissen im Zivilverfahren

Ein Schutz von Geschäftsgeheimnissen im Zivilprozess ist nur sehr eingeschränkt möglich. Zumindest für bestimmte wirtschaftlich wichtige Verfahren soll das „Gesetz zur Stärkung der Gerichte in Wirtschaftsstreitigkeiten“ eine Lösung bieten.

Nicht nur in Verfahren, die eine Verletzung von Geschäftsgeheimnissen betreffen, besteht für eine oder beide Parteien häufig ein Bedürfnis zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen. Auch eine „normale“ zivilrechtliche Auseinandersetzung kann die Mitteilung von Betriebsinterna erfordern: In einem Rechtsstreit über Vertriebsverträge müssen möglicherweise Lieferanten oder andere Bezugsquellen genannt werden, in einem Schadenersatzprozess wird die genaue Kalkulation zur Darlegung des entgangenen Gewinns erforderlich. Bislang war der Schutz dieser Informationen im Rahmen des Prozesses nur unzureichend geregelt. Eine Änderung der ZPO soll eine Lösung erbringen, indem die Geheimhaltungsvorschriften der §§ 16-20 GeschGehG auch für bestimmte Arten von wirtschaftsrechtlichen Auseinandersetzungen für anwendbar erklärt werden.

Geheimhaltungsvorschriften der §§ 16-20 GeschGehG

Für Verfahren wegen der Verletzung von Geschäftsgeheimnissen hat der Richtliniengeber das Dilemma erkannt, vor dem der Kläger regelmäßig steht: Wenn er dem Gericht nicht nachvollziehbar darlegt, welche Informationen das Geschäftsgeheimnis bilden, verliert er den Prozess. Übermittelt der Kläger hingegen detaillierte Informationen, so besteht die Gefahr, dass die Gegenseite durch das Verfahren auch Informationen erhält, über die sie noch gar nicht verfügt.

Um dieses Problem zu lösen und dem Inhaber die Durchsetzung seiner Ansprüche zu erleichtern, sehen die §§ 16-20 GeschGehG vor, dass das Gericht umfangreiche Geheimhaltungsmaßnahmen treffen kann. Zunächst kann das Gericht bestimmte Informationen als geheimhaltungsbedürftig einstufen (§ 16 Abs. 1 GeschGehG). Darüber hinaus ist es möglich, den Zugang zu bestimmten Dokumenten und zur mündlichen Verhandlung auf wenige Personen zu beschränken (§ 19 Abs. 1, Abs. 2 GeschGehG). Ein Verstoß gegen eine solche Geheimhaltungsanordnung ist mit einem Ordnungsgeld von bis zu 100.000 Euro oder Ordnungshaft sanktioniert (§ 17 GeschGehG). Die Geheimhaltungsanordnung wirkt nicht nur gegenüber den jeweiligen Parteien, sondern auch gegenüber Zeugen, Sachverständigen und den Anwälten. Die gesamte Anordnung gilt auch nach Abschluss des Verfahrens fort und endet erst, wenn das Vorliegen eines Geschäftsgeheimnisses rechtskräftig verneint oder die entsprechenden Informationen allgemein bekannt werden (§ 18 GeschGehG).

Schutz im Zivilverfahren und Neuregelung

Derzeit ist die Anordnung von Geheimhaltungspflichten in einem Zivilverfahren lediglich im Rahmen von § 174 Abs. 3 des Gerichtsverfassungsgesetzes (GVG) möglich. Die Anordnung betrifft jedoch nur die mündliche Verhandlung und ermöglicht keinen Schutz von Unterlagen und Informationen, die bei Einreichung einer Klage übermittelt werden. Darüber hinaus verbietet § 174 Abs. 3 GVG nur die Offenlegung des Geheimnisses, nicht die eigene Nutzung durch den Empfänger. Insgesamt ist der Schutz daher sehr eingeschränkt.

Das „Gesetz zur Stärkung der Gerichte in Wirtschaftsstreitigkeiten“ soll eine umfassende Stärkung der staatlichen Gerichte bewirken und diese vor allem im Verhältnis zu privaten Schiedsgerichten attraktiver machen. Zu diesem Zweck ist die Einrichtung zusätzlicher Kammern und Senate und die Verwendung von Englisch als Gerichtssprache vorgesehen. Darüber hinaus sollen bei den Oberlandesgerichten besondere Senate für Handelssachen mit einem Streitwert von über 2 Mio. Euro eingerichtet werden (§ 119 Abs. 4, 5 GVG-E).

Zumindest in diesen Großverfahren kann künftig auf Antrag einer Partei die Einordnung von Informationen als geheimhaltungsbedürftig erfolgen. Voraussetzung ist gemäß § 510 Abs. 5 ZPO-E lediglich, dass die relevanten Informationen ein Geschäftsgeheimnis im Sinne von § 2 Nr. 1 GeschGehG sein können. Dies entspricht der Vorgabe in § 16 Abs. 1 GeschGehG. Da § 510 Abs. 5 ZPO-E die §§ 16-20 GeschGehG insgesamt für anwendbar erklärt, dürfte zum Nachweis des Geschäftsgeheimnisses eine Glaubhaftmachung ausreichen (§ 20 Abs. 3 GeschGehG). Sind diese Voraussetzungen erfüllt, kann das Gericht sämtliche der oben beschriebenen Maßnahmen zur Geheimhaltung der Informationen anordnen.

Zusätzlich stellt § 510 Abs. 6 ZPO-E klar, dass bei einem nicht öffentlich geführten Verfahren die Urteile des Gerichts nur in Auszügen veröffentlicht werden, die keine Rückschlüsse auf die Einzelheiten des Verfahrens und die Identität der Parteien zulassen.

Zum Gesetzesentwurf mit Begründung geht es hier.

Ausblick

Der Vorschlag ist grundsätzlich sehr zu begrüßen, auch wenn die für anwendbar erklärten Regelungen der §§ 16-20 GeschGehG noch eine Vielzahl von Fragen aufwirft. Eine Verbesserung des Schutzes von Geschäftsgeheimnissen in einem Zivilverfahren ist in jedem Fall dringend geboten. Der größte Nachteil des Entwurfes besteht darin, dass die Neuregelung lediglich in einem begrenzten Spezialbereich der bedeutenden Wirtschaftsstreitigkeiten Anwendung findet. Wichtig wäre es, eine entsprechende Regelung für alle Zivilverfahren einzuführen.