OLG Frankfurt: Dringlichkeit und Bestimmtheit im GeschGehG-Verfahren

Ein Unterlassungsbegehren ist auch dann dringlich, wenn das Unternehmen keine Überwachung von Datenbewegungen vornimmt. Außerdem erinnert das OLG Frankfurt an die korrekte Fassung des Unterlassungsantrags.

Wahrung der Dringlichkeitsfrist erfordert keine Überwachung

In einem Beschluss vom 27.11.2020 hat das OLG Frankfurt klargestellt, dass zur Wahrung der Dringlichkeit eines Verfügungsverfahrens auch bei Einsatz einer Software zur Überwachung des Unternehmensnetzwerks keine Pflicht zur anlasslosen Überprüfung aller Datenbewegungen besteht. Auch ist es nicht erforderlich, die Software so einzurichten, dass mögliche verdächtige Datenbewegungen automatisch gemeldet werden (wobei der Senat ausdrücklich offen lässt, ob ein solches Vorgehen überhaupt rechtlich zulässig wäre). Vielmehr genügt eine nachträgliche Analyse der Datenbewegungen, wenn sich aufgrund anderer Umstände ein Verdachtsmoment ergibt (OLG Frankfurt, Beschl. vom 27.11.2020, Az. 6 W 113/20).

Bestimmtheit des Unterlassungsantrags bei Geschäftsgeheimnissen

Zugleich erinnert das OLG Frankfurt daran, dass der Unterlassungsantrag auch und gerade im GeschGehG-Verfahren die Anforderungen des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO erfüllen muss. Das Begehren der dortigen Antragstellerin zeigt geradezu lehrbuchartig, wie die Anträge nicht gestellt werden dürfen:

Im Hauptantrag begehrte die Antragstellerin, die Antragsgegnerin (ein Wettbewerber) solle es bei Androhung der üblichen Ordnungsmittel unterlassen

in ihrem Besitz befindliche Geschäftsgeheimnisse der Antragstellerin betreffend die Auftragslage der Antragstellerin, Angebotsverfahren der Antragstellerin und/oder bestehende Geschäftsbeziehungen der Antragstellerin mit Kunden und/oder Lieferanten, jeweils in den Geschäftsbereichen der Vliesstoffe („Nonwoven“), insbesondere der nassgelegten Vliesstoffe („Wetlaid“), zu nutzen und/oder Dritten offenzulegen

Ein solcher Antrag kann natürlich nicht funktionieren. Es ist nicht ansatzweise erkennbar, welche Geschäftsgeheimnisse gemeint sind, geschweige denn, welche sich im Besitz der Antragsgegnerin befinden sollen. Nicht viel besser war der (erste) Hilfsantrag. Dort sollte es die Antragsgegnerin unterlassen

die in den Anlagen ASt 12, ASt 14 bis ASt 16 sowie ASt 20 enthaltenen Geschäftsgeheimnisse der Antragstellerin betreffend die Auftragslage der Antragstellerin, Angebotsverfahren der Antragstellerin und/oder bestehende Geschäftsbeziehungen der Antragstellerin mit Kunden und/oder Lieferanten, jeweils in den Geschäftsbereichen der Vliesstoffe („Nonwoven“), insbesondere der nassgelegten Vliesstoffe („Wetlaid“), zu nutzen und/oder Dritten offenzulegen„.

Ein solcher Antrag ist allenfalls dann hinreichend bestimmt, wenn sämtliche in den konkret bezeichneten Anlagen enthaltenen Informationen ein Geschäftsgeheimnis bilden. Ist dies jedoch nicht der Fall, enthalten bestimmte Dokumente also sowohl Geschäftsgeheimnisse wie auch weitere, allgemein bekannte Informationen, so muss der Antragsteller diejenigen Informationen konkret bezeichnen, die aus seiner Sicht ein Geschäftsgeheimnis darstellen.